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Friedenspolitische Wahlprüfsteine zur Europawahl 2019
sind hier zu finden


Wahlprüfsteine


Synopse der Antworten von 4 Parteien im Europa-Wahlkampf auf Wahlprüfsteine aus der Friedensbewegung

 

A. Antworten zu Atomwaffen und Friedensentwicklung

 

1. INF-Vertrag, Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen in Europa?

 Die Linke, die Grünen, die SPD und die FDP wollen alle den INF-Vertrag retten, wobei die FDP Russland in der Bringschuld sieht, Transparenz über ihre 9M729-Raketen herzustellen.

 

2. Abzug aller Atomwaffen aus der EU?

 Linke, Grüne und SPD treten für ein atomwaffenfreies Europa vom Atlantik bis zum Ural ein. Dazu gehören der Abzug der vorhandenen Atomwaffen und die Ablehnung einer neuerlichen „Nachrüstung“.

Die FDP legt Wert auf Zusammenhalt in der NATO, in der sie unsern wichtigsten sicherheitspolitischen Anker sieht. Die EU sollte aber einen neuen diplomatischen Anlauf für Rüstungskontrolle und Abrüstung unternehmen, weil immer mehr Staaten nach A-Waffen streben.

 

3. UN-Atomwaffenverbotsvertrag?

 Die Linke, die Grünen und die SPD setzen sich dafür ein, dass die EU ihren Mitgliedsländern den Beitritt zum UNO-Atomverbotsvertrag empfiehlt.

Die SPD tritt außerdem dafür ein, vertragsgestützte Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung in den Mittelpunkt der europäischen Politik zu stellen, möglichst viele Länder in neue Abkommen einzubinden.

Die FDP sieht in der weltpolitischen Lage bestehende Abrüstungsregime bedroht; sie sieht aber die EU weiter im festen Verbund mit der NATO.

 

4. Europäische Union -  ein Friedensprojekt oder eine Militärmacht?

 Die Linke sieht den Weg zu mehr Sicherheit allein in konsequenter Friedenspolitik und Förderung globaler Gerechtigkeit. Eine europäische Armee und andere Vorhaben der Militarisierung lehnt sie ab, da sie eher Konzerninteressen dienen.

Die Grünen wollen, dass die EU in der Lage ist, Friedensabkommen militärisch abzusichern.

Sie unterstützen die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, soweit sie sich auf die Aufgaben des Artikels 43 (1) EU-Vertrag beschränkt, d. h. humanitäre u. Rettungseinsätze, militärische Beratung und Unterstützung, z. B. im Kampf gegen den Terrorismus,  Konfliktverhütung/Friedenserhaltung, etc.. Einsätze im Rahmen der UN-Charta. Sie sehen Vorteile (Kostenersparnis) in europäischer Rüstungszusammenarbeit, aber diese darf keinesfalls zu Rüstungsexport führen.

Die SPD arbeitet für eine auf Frieden und Abrüstung verpflichtete Außenpolitik, Achtung der Menschenrechte, Teilhabe aller Menschen am Wohlstand, Ausbau der Konflikt- und Krisenprävention und Klimadiplomatie. Aber zur Verteidigung will sie eine europäische Armee und kooperative Rüstungspolitik, um durch Synergien höhere Rüstungsausgaben unnötig zu machen.

Die FDP will ziviles Krisenmanagement unterstützen, aber befürwortet auch eine europäische Armee unter parlamentarischer Kontrolle zur eigenverantwortlichen Gewährleistung der Sicherheit. Sie unterstützt die Europäische Verteidigungsunion und die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO).

 

5. Zum Zweck der Migrationsabwehr Krieg führende oder Menschenrechte verletzende Staaten aufrüsten?

 Linke, Grüne, SPD und FDP lehnen Waffenexporte in Krieg führende, Menschenrechte verletzende oder  repressive Staaten und in Krisengebiete ab.

Die Linke will Frontex auflösen, Seenotrettung zivil organisieren, legale Einreisemöglichkeiten, Flüchtlingsrechte auch für Armuts- und Klimaflüchtlinge, Einhalten der Genfer Konvention und der UN-Kinderkonvention sowie der EU-Menschenrechtskonvention erreichen.

Die Grünen lehnen  die finanzielle Unterstützung der Migrantenabwehr durch repressive Regime ab.

Die SPD lehnt die Zweckentfremdung von Entwicklungszusammenarbeitsgeldern zur Migrationsverhinderung und für militärische Zwecke ab. Sie hat sich damit gegen Ministerrat und Kommission durchgesetzt und strebt das auch künftig an.

Die FDP ist grundsätzlich gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete, also auch, wenn diese der Abwehr von Migration dienen sollen.

 

6. Mehr Mittel der EU zur Förderung der gewaltfreien Konfliktbearbeitung, Menschenrechte und Demokratie?

Die Linke wird sich für die Stärkung der EU-Mittel für die Förderung der gewaltfreien Konfliktbearbeitung, Frieden, Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Allgemein steht sie für eine gerechte und solidarische Weltwirtschaftsordnung, für die Achtung des Völkerrechts. Sie unterstützt die internationale Zusammenarbeit der Friedensbewegung.

Die Grünen wollen die EU-Haushaltsmittel für zivile Konfliktprävention und Mediation im Vergleich zum laufenden mehrjährigen Finanzrahmen mindestens verdoppeln, haben bisher dafür keine Unterstützung anderer Parteien gefunden.

Die SPD will die EU zur Friedensmacht entwickeln, das bedeutet die Beziehungen Europas zu seinen internationalen Partnern an den Prinzipien der Menschenrechte, der nachhaltigen Entwicklung und der Überwindung von Ungleichheiten auszurichten. Dafür fordert sie ein “Europäisches Stabilisierungscorps“, in das alle Mitgliedsstaaten ExpertInnen für demokratischen Staatsaufbau, Rechtsstaatlichkeit und Ausbildung von Sicherheitskräften entsenden. Expertise und Fähigkeiten der Polizei sollen international mehr genutzt werden. Die Förderung rechtsstaatlicher Strukturen könnte auch Fluchtursachen bekämpfen. Die Mittel der EU zur Förderung gewaltfreier Konfliktbearbeitung müssen gestärkt werden. Klimadiplomatie soll an Bedeutung gewinnen.

Die FDP will den vernetzten Ansatz vorantreiben, der Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik zusammendenkt und die außenpolitischen Instrumente der EU effektiv zur Krisenprävention einsetzt. Dazu muss die EU verstärkt in die Entwicklung der zivilen Friedensexpertise investieren, z. B. im mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027.

 

B. Antworten zu Fragen der Aktion Aufschrei „Stoppt den Waffenhandel!“

 

1. Rüstungsexport grundsätzlich verbieten?

 Die Linke tritt für ein umfassendes Verbot von Rüstungsexporten ein. EU-Mitgliedsstaaten, die die diesbezüglichen EU-Vorschriften nicht einhalten, sollen bestraft werden. Dual-Use-Güter, die für die Produktion von ABC-Waffen eingesetzt werden können, dürfen nur an Staaten geliefert werden, die die entsprechenden Verträge ratifiziert haben.

Die Grünen wollen Rüstungsexporte nur innerhalb der EU und an NATO-Länder zulassen, die Menschenrechte- und Demokratie-Standards erfüllen. Sie treten für ein EU-Gesetz ein, das die 8 Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts in geltendes Recht verwandelt.

Die SPD lehnt die pauschale Erhöhung von Rüstungsausgaben ab. Da sie aber Bundeswehrsoldaten modern ausrüsten will, setzt sie auf Synergien durch EU-gemeinsame Beschaffungspolitik. Ein parlamentarisches Gremium soll die Exporte aus der EU restriktiv kontrollieren und Verstöße hart sanktionieren, insbesondere Ausfuhren an Diktaturen und Krisengebiete verhindern.

Die FDP will kein generelles Rüstungsexportverbot, wünscht sich aber eine EU, die sich weltweit für Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzt.

 

2. Export von Kleinwaffen und dazugehöriger Munition verbieten? Verschärfung der europäischen Exportregeln?

 Die Linke fordert ein Verbot des Exports besonders von Kleinwaffen und zugehöriger Munition.

Die Grünen plädieren für ein Exportverbot von Kleinwaffen, weil sie die größte Zahl an Opfern verursachen und ihre Verbreitung unkontrollierbar ist. Die 8 Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU sollen gelten und noch ergänzt werden durch die Aufnahme von Risiken von Korruption, sexueller Gewalt, Zustand der Demokratie im Empfängerland und Risiko für die nachhaltige Entwicklung anderer Länder.

Die SPD steht für ein Exportverbot von Kleinwaffen + Munition und für verbindliche Regeln zu Rüstungsexporten.

Die FDP wünscht sich eine Harmonisierung der unterschiedlichen Rüstungsexport-Regeln der Staaten durch eine europaweite Verordnung mit hohen Standards.

 

3. EU-Waffenembargo gegen am Jemen-Krieg beteiligte Staaten?

 Die Linke wird sich speziell für ein Waffenembargo gegen die am Jemen-Krieg beteiligten Staaten einsetzen.

Die Grünen haben die Debatte über Lieferungen an am Jemen-Krieg Beteiligte initiiert und 2016 eine Mehrheit für ein Verbot erreicht. Sie werden im künftigen Europaparlament (EP) versuchen, diese Mehrheit wieder zu gewinnen.

SPD: Mit starker Unterstützung durch die deutschen Sozialdemokraten hat das EP schon mehrfach ein Waffenembargo gegen am Jemen-Krieg beteiligte Staaten gefordert. Dieses Engagement werden sie fortsetzen.

Die FDP will grundsätzlich keine Waffenexporte in Krisen-, Konflikt- und instabile Gebiete zulassen, weil die Chancen auf friedliche Konfliktlösungen dadurch behindert werden können.

4. Mehr Transparenz, vertiefte Berichtspflicht einschließlich Begründungen für umstrittene Rüstungsexporte?

 Die Linke wird sich für eine vertiefte Berichtspflicht zu Rüstungsexporten für die Mitgliedsländer einsetzen, die Begründungen für strittige Exporte einschließt.

Die Grünen fordern schon lange – so auch künftig – mehr Transparenz von der zuständigen Arbeitsgruppe im Europäischen Rat, zumindest die schnelle Veröffentlichung des Jahresberichts wenige Tage nach dem Kalenderjahr. Sie streben eine öffentliche EU-Datenbank zu den tatsächlich getätigten  Ausfuhren der Mitgliedsländer  an (der bisherige Jahresbericht gebe vorwiegend Absichtserklärungen in den Lizenzen wieder).

Die SPD tritt für gemeinsame restriktive Kontrolle von Rüstungsexporten auf Einhaltung der Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts durch ein parlamentarisches Gremium ein. Verstöße sollen hart sanktioniert werden.

Die FDP strebt nach einer Harmonisierung der unterschiedlichen Standards der Mitgliedsländer durch eine Rüstungsexport-Verordnung, die den Gemeinsamen Standpunkt rechtsverbindlich macht.

 

5. Ein europäisches Aufsichtsgremium zur Kontrolle der Einhaltung der Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU?

 Die Linke ist für ein europäisches Aufsichtsgremium zur Überwachung der Einhaltung des gemeinsamen Standpunkts. Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, die eine europäische Armee vorbereitet, will sie beenden, die geplanten Rüstungshaushalte EVF und EFF streichen und die EU-Rüstungsagentur durch eine EU-Abrüstungsagentur ersetzen.

Die Grünen fordern dringend ein europäisches Aufsichtsgremium, das die Einhaltung des Gemeinsamen Standpunkts durch die Mitgliedsstaaten überwacht und ggf. Sanktionen verhängt.

Die SPD fordert ebenfalls ein europäisches Aufsichtsgremium, das die konsequente und einheitlich restriktive Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts sicherstellt. In die Mitbestimmung dieses Gremiums muss unbedingt das Parlament eingebunden werden.

Die FDP will eine europaweite Rüstungsexport-Verordnung erreichen, die den Gemeinsamen Standpunkt rechtsverbindlich macht und weiterentwickelt.

 

6. Autonome Waffensysteme/Kampfroboter völkerrechtlich ächten? Deren Entwicklung mit Geldern des Europäischen Verteidigungsfonds finanzieren?

 Die Linke fordert, dass Entwicklung, Produktion und Verwendung von autonomen Waffen völkerrechtlich geächtet und deren Finanzierung durch den Europäischen Verteidigungsfonds abgelehnt wird.

Die Grünen haben die im September 2018 vom Europaparlament angenommene Entschließung zur völkerrechtlichen Ächtung autonomer Waffensysteme initiiert. Dieser hat sich auch der ExpertInnenrat der Kommission angeschlossen. Auch im Rahmen des künftigen Europäischen Verteidigungsfonds haben die Grünen durch Anträge und Insistieren erreicht, dass diese Waffen in einem Gesetz definiert und verboten werden. Dennoch fördern Präsident Macron und andere die Entwicklung dieser Waffen mit vielen Millionen. Die Grünen werden dagegen halten.

Die SPD will die Initiativen von Heiko Maas zur Einbeziehung von autonomen und Cyberwaffen in Abrüstungspläne auf europäischer Ebene zur Geltung bringen. Wegen Gesetzeslücken bei Rüstungsexportfragen haben die deutschen Sozialdemokraten den Europäischen Verteidigungsfonds mehrheitlich abgelehnt.

Die FDP setzt sich für die Ächtung autonomer Waffen ein.

 

 

Aus den Originalantworten zusammengestellt von Gela Böhne und Renate Wanie (Heidelberger Friedensratschlag)

 

16. Mai 2019